Bio – wir alle kennen das grüne Label auf Lebensmitteln, das diese teurer und vermeintlich gesünder macht. Doch was versteckt sich hinter „Bio“ eigentlich genau und was bedeutet ökologischer Anbau für die Umwelt und unser Klima? Eines vorweg, Bio-Lebensmittel sind im Vergleich zu konventionellen Lebensmitteln insgesamt tatsächlich besser für die Umwelt, und die Haltung von Nutztieren erfolgt artgerechter. Da beim Anbau von pflanzlichen Bio-Nahrungsmitteln weniger Schadstoffe und ungewollte Zusatzstoffe in unseren Lebensmitteln landen, sind diese auch gesünder. Sie bieten zudem weitere Vorteile für die Umwelt, wie etwa den Erhalt von Artenvielfalt und Gewässerschutz. Doch wie sieht es mit dem Effekt auf den Klimawandel aus?
Umwelt versus Klima
Für viele Menschen legt das Schlagwort Bio eine Art Heiligenschein über Nahrungsmittel, infolgedessen könnte man glauben, dass es ausreicht sich einfach von „gutem“ Bio-Fleisch zu ernähren und generell Wert auf einen Öko-Einkaufskorb zu legen, um weniger Treibhausgas-Emissionen mit den gewählten Lebensmitteln mit „zu kaufen“. Leider wird es hier aber etwas komplizierter, da Bio im Einzelfall sogar schädlicher für das Klima sein kann als das konventionell produzierte Pendant. Dabei gibt es nochmal deutliche Unterschiede zwischen pflanzlichen und tierischen Produkten.
Betrachten wir zunächst die ökologische Landwirtschaft. Hier werden meist keine Stickstoffdünger und Pestizide eingesetzt, deren Produktion zum Einen sehr viel Energie benötigen und zum Anderen äußerst klimaschädliches Lachgas (N2O) freigesetzt wird. Somit sind die Treibhausgas-Emissionen pro Hektar im Biolandbau zwar geringer als bei der konventionellen Landwirtschaft, gleichzeitig wird durch in der Regel geringere Ernteerträge (manchmal nur bis zu 50%) aber auch mehr Anbaufläche benötigt. Für das Klima ergibt sich dadurch meist weder ein Vor- noch ein Nachteil. Zwar bildet sich beim Ökolandbau mehr Humus in der Erde, welcher mehr Kohlenstoff speichert als konventionell bewirtschafteter Boden. Auf der anderen Seite bilden Wälder und Moore auch eine solche natürliche CO2-Senke, welche aber wie zuvor erwähnt oft größeren Anbauflächen weichen müssen. Eine Bio-Kartoffel etwa besitzt denselben CO2-Fußabdruck wie eine konventionell angebaute Kartoffel. Im Gegensatz dazu sind Bio-Linsen 40% klimaschädlicher als reguläre Linsen, wohingegen (regionale) Bio-Äpfel zwischen 33-50% weniger Treibhausgase bei der Produktion ausstoßen. Bei pflanzlichen Lebensmitteln gibt es somit meist keinen klareren Klimavorteil zwischen der Bio und nicht-Bio Variante.
Glückliche Rinder pupsen länger
Doch wie sieht es beim Bio-Steak aus? Ist es nicht gleichzeitig auch besser für das Klima, wenn Tiere ökologisch gezüchtet werden? Generell ist die Produktion von Fleisch und anderen tierischen Produkten äußerst Treibhausgas-intensiv und macht den größten Teil der weltweiten Emissionen des Landwirtschaftssektors aus. Bei der Rinderzucht wird vor allem viel Methangas (CH4) freigesetzt, welches Kühe durch sogenannte Darmfermentation ausrülpsen und -pupsen. Methan trägt auf 100 Jahre gesehen 28 mal mehr zur Erderwärmung bei, als eine gleiche Menge Kohlenstoffdioxid. Rinder, die artgerecht auf der Weide des Bio-Bauernhofs grasen, nehmen im Schnitt nur halb so schnell an Gewicht zu, wie deren „unverwöhnte“ Brüder, die im Stall mit Kraftfutter gemästet werden. Bis zur Schlachtung leben Öko-Rinder also länger und stoßen damit auch mehr Methan aus. In Kombination mit der potentiellen Entwaldung zur Flächenschaffung, sowohl für das Vieh selbst als auch für den Anbau des Futters, verschlechtert sich die Klimabilanz für Bio-Rindfleisch um bis zu 70% dramatisch! Zum Vergleich: Kaufst du dir ein 200 Gramm Bio-Steak, entspricht dies dem CO2-Äquivalent-Ausstoß wie bei einer Fahrt von Köln nach Düsseldorf mit einem Sportwagen.
Und nun?
Man könnte zu dem Schluss kommen keine Bio-Lebensmittel mehr zu kaufen, da diese den Klimawandel sogar weiter befeuern können, anstatt das Gegenteil zu bewirken. Tatsächlich kann eine pauschale Einkaufsempfehlung für Lebensmitteln mit Bio-Sticker aus rein klimatechnischen Aspekten nicht ausgesprochen werden. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass der Ökolandbau zahlreiche positive Umweltauswirkungen mit sich bringt, wie die Erhaltung der Biodiversität, der Boden- und Grundwasserschutz, sowie der bessere Tierschutz im Allgemeinen.
Als Fazit bleibt zu sagen, dass nicht die Wahl von Bio-Lebensmitteln, sondern die Umstellung unserer Ernährungsweise hin zu einer pflanzenbasierten Ernährung, der effektivste Hebel zur Senkung der Lebensmittelbezogenen Treibhausgas-Emissionen bleibt. Die moralisch vertretbarere Bio-Viehzucht wäre klimatechnisch weniger problematisch, wenn insgesamt weniger Tiere auf mehr Fläche stehen könnten. In Deutschland etwa wird auf fast 75% der Ackerfläche Tierfutter angebaut. Wenn der Konsum von Fleisch und Milchprodukte sinken würde, würde dadurch auch automatisch mehr Fläche frei. Die Voraussetzung dafür wäre aber, dass der gesamte Verzehr von Rindfleisch stark zurückgeht. Hier liegt es an jedem Einzelnen Verantwortung zu übernehmen und den ersten Schritt gegen den Klimawandel zu gehen. Bei der individuellen Entscheidungsfindung gilt es somit auf das eigene Bauchgefühl zu hören, an welcher Stelle es für Jeden persönlich umwelttechnisch oder moralisch wichtig ist Bio zu kaufen. Letztlich ist es entscheidend, auf welchen Böden und mit welchem Aufwand etwas angebaut wurde und wie die Ernte bzw. das Produkt (kühl-)gelagert und transportiert wurde.